TU-Plus-Kurzstellungnahme zur präsidialen "W1/W2 satt W3"-Initiative sowie zum "Strategiepapier" des Präsidenten als Ergebnis des Treffens vom 15.12.2011, bei dem auf Einladung von TU-Plus über 40 Kolleginnen und Kollegen anwesend waren und bei dem der Präsident zu Fragen der Professorenschaft Auskunft gab.
Oberste Ziele seien die Erhaltung der Berufungsfähigkeit an der TUB, die durchschnittlichen Berufungskosten lägen über dem Soll. Auch in der Forschungsförderung könne man sich nicht länger acht Schwerpunkte leisten; so die Hintergrundinformationen durch Präsident Steinbach im Gespräch mit TU-Plus.
Wie von vielen Kolleginnen und Kollegen befürchtet, wurde also deutlich, dass es sich sowohl bei der „W1/W2 statt W3-Initiative“ als auch bei der vorgesehenen Reduzierung von 8 auf 5 Forschungsschwerpunkte gemäß „Strategiepapier“ des Präsidenten weniger um Konzepte einer echten strategischen Neuausrichtung der TUB handelt, sondern eher um angestrebte Maßnahmen, um postulierte Einsparziele zu erreichen.
Im einzelnen wurde u. a. Folgendes analysiert und diskutiert:
- Am Prozess wurde kritisiert, dass das knappe Strategiepapier des Präsidenten in einem viel zu kurzen Prozess von nur wenigen Monaten top-down verabschiedet werden soll.
- Die Potenziale von herausragenden Kernen der TUB-Forschung (Bsp. Mathematik) kommen im bislang Vorgelegten noch ebenso wenig zum Tragen wie die Chancen der Interdisziplinarität.
- Die Ausgestaltung der standardmäßigen Ressourcen von W1 Professuren (ein/e WM, kein technisches Personal, kein eigenes Sekretariat, wenig Räumlichkeiten) wird insbesondere im natur- und ingenieurwissenschaftlichen Bereich als kritisch eingeschätzt, will man Lehre und Forschung auf dem jetzigen Niveau halten oder gar noch steigern, wie es das Strategiepapier vorsieht. Es bleibe - so der Präsident - den Fakultäten überlassen, mehr als die standardmäßige Ausstattung in eine W1 Professur zu investieren, solange die definierte Sparsumme einer Fakultät insgesamt erbracht würde.
- Aufgefallen ist folgender Kreisschluss: Ausgehend von der (unter bestimmten Annahmen) projektierten pauschalen Minderausgabe von ca. 30 Mio. € bis 2018 führen die aufgeführten Sparmaßnahmen durch die weitestgehend den Fakultäten überlassene Umsetzung dazu, dass das Konzept des Präsidenten letztlich nichts Anderes ist, als wiederum eine entsprechend erhöhte pauschale Minderausgabe, deren Umsetzung erneut den Fakultäten obliegt. Die seitens des Präsidiums geltend gemachten "Berufungsimpulse" sind hingegen nicht deutlich geworden.
- Die Sparmaßnahmen in der Verwaltung und Bibliothek sowie zentralen Einrichtungen wurden zwar angerissen, aber nicht ausdiskutiert. Sie sollen zusammen etwa 2/3 der geplanten Sparmaßnahmen umfassen. Der Grad ihrer konkreten (zeitlichen) Realisierung konnte nicht eindeutig festgestellt werden.
Um sich vernünftig beteiligen zu können, meint TU-Plus:
- Viele der anwesenden Kolleginnen und Kollegen hielten eine deutlich längere Zeitachse für die Planung einer strategischen Neuausrichtung der TUB für geboten. Dabei sind die Ziele der Hochschulentwicklung das eine, die postulierte Entwicklung der Haushaltslage das andere; eine zu frühzeitige Vermengung wird weder als notwendig noch als hilfreich erachtet.
- Die versammelten Kolleginnen und Kollegen bedauerten es, dass weder die Herleitung des präsidialen Einsparkorridors transparent und abgestimmt an der TUB erfolgte, noch die als Begründung für die Reduzierung der thematischen Schwerpunktsetzungen gewählten Stärken-Schwächen-Analysen dokumentiert und verfügbar gemacht wurden. Die Berufung auf Innovationsschwerpunkte der Länder Berlin Brandenburg und des BMBF genüge nicht.
- Schon bei der Diskussion des Strategiepapiers im AS wurde weithin betont, dass nicht das Signal gesendet werden dürfe, dass an der TU Berlin über Jahre hinaus keine W3 Stellen mehr besetzt und somit keine Spitzenforscherinnen und –forscher mehr berufen werden können. Die Diskussion der Strategie in der Öffentlichkeit darf nicht imageschädigend für die TU wirken.
Wir möchten im Folgenden einige Anregungen geben, von denen wir glauben, dass sie Berücksichtigung finden sollten:
- Es sind nicht allein die möglichen Forschungs- und Entwicklungsthemen der nächsten 5 bis 10 Jahre, die wie im Papier des Präsidenten aus der Clusterung von aktuellen Kernen eine Entwicklungsrichtung vorgeben können; vielmehr gelte es auch Szenarien zukünftiger gesellschaftlicher Entwicklungen zu denken, einschließlich neuartiger Berufsbilder und ihrer Konsequenzen für die universitäre Lehre.
- Im Ergebnis können sich ausdifferenzierte Konzepte der TU ergeben, die sich nicht allein in einem pauschalen Abbau des Mittelbaus erschöpfen; erforderlich sei etwa ein sinnvoller Mix der Berufungspolitik in kombinierten Tenure- und Full Professor –Optionen, womöglich auch eine deutlich dezentralisiertere TU-Forschungsförderung unter Berücksichtigung fakultären Gestaltungspotentials.
- Nachwuchsgruppen sollten in bestehende Strukturen eingebunden werden, als förderndes und hilfreiches Umfeld, daher sind W1 Stellen "on-top" zu sehen und nicht als stets negativ belegte Sparmaßnahmen. Es bestand Konsens, dass Nachwuchsförderung eine zentrale und noch auszubauende Aufgabe der TUB ist.
- Aspekte der Entwicklung der Lehre an der TUB konnten am 15.12. gemäß dem thematischen Schwerpunkt noch keineswegs vertieft werden; erkennbar waren aber bereits Impulse zur Sicherung der Qualität der Lehre, die sich nicht in bürokratischen Prozessdebatten erschöpfen, unter denen die Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer der TUB unisono leiden und die anstelle tatsächlich strategischer Fragen der Entwicklung von Lehre und Studium getreten scheinen.
- Kritisiert wird der kompensatorisch zum vorgesehenen WM-Abbau geplante, massenhafte Einsatz von prekären Lehraufträgen im präsidialen Konzept.
- Die TU darf auch nicht isoliert betrachtet werden, sondern im Zusammenspiel mit anderen Universitäten und Forschungseinrichtungen im Umfeld (siehe z.B. aktuelle Konzepte der HU).
- Die Diskussion zur Profilierung der Forschung ist sicher ein Aspekt, der für die TU wichtig ist. Jedoch darf auch eine Diskussion, ob 8 oder 5 Themen unser Profil besser beschreiben, nicht davon ablenken, dass wir weitere wichtige Aufgaben vor uns haben, die ganz elementare Fragen zur Gestaltung der unmittelbaren Arbeits- und Studienumgebung der TU-Angehörigen betreffen (wie z.B. kafkaeske Hürden für gute wissenschaftliche Arbeit wie das Kassieren von Raummieten an der eigenen Universität selbst für nicht-kommerzielle internationale Spitzenveranstaltungen).
- TU-Plus empfiehlt einen kommunikativen, ebenso bottom-up und ergebnisoffenen Prozess, der die Kreativität und Perspektiven der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen an der TUB und ihrer Fakultäten einbindet.
TU-plus wird das Papier des Präsidenten weiter diskutieren und begleiten und dankt dem Präsidenten für seine Anwesenheit und Diskussionsbeiträge.
Ergänzungen, Beiträge und Meinungen zu diesen Ausführungen an die Liste der TU-plus Liste This email address is being protected from spambots. You need JavaScript enabled to view it. mit dem Betreff "Strategiepapier" sind sehr willkommen.
